hartefakten

Dies Academicus, 07.12.2016. HS III (Hauptgebäude)

Der Keynote-Vortrag von Dr. Till Töpfer vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig rundet das Spektrum aus Forschung und Lehre ab. Unser aktuelles Rahmenthema hartefakten fokussiert auf die Aspekte von Sammeln, Ordnen undAusstellen. Die Beiträge loten diese Tätigkeiten je fachspezifisch aus. Es zeigen sich dabei übergreifende Berührungspunkte zwischen den Wissenschaften: Sammlungen und ihre Systematiken beruhen auf den theoretischen und methodologischen Grundlagen eines Fachs. Das in sie aufgenommene Objekt erhält hierdurch eine spezifische Bedeutung. Bestehende Systeme werden durch das neu Hinzukommende herausgefordert und gegebenenfalls modifiziert. In der Präsentation von Objekten, in den Institutssammlungen, den Universitätsmuseen und anderen Dokumentationsformen (etwa einem Video), greifen Forschung, Didaktik und öffentlicher Wissenstransfer ineinander. Schließlich spielen ästhetische und mediale Aspekte bei der Vermittlung eine große Rolle.

Betreuer und Betreuerinnen der vortragenden Masterstudierenden und Doktoranden und Doktorandinnen:

Prof. Dr. Karoline Noack (Kulturanthropologie/Altamerikanistik), Prof. Dr. Sabine Schrenk (Christliche Archäologie).

Hier finden Sie den Flyer und das Plakat dieser Veranstaltung.

Programm

Die Christliche Archäologie erforscht die Epoche der Spätantike (3.-7. Jh.), die durch die Konsolidierung des christlichen Glaubens und die damit verbundenen Transformationsprozesse gekennzeichnet ist. Greifbar werden diese vor allem in der spätantiken Bildsprache, die zum einen antike Elemente tradiert, zum anderen adaptiert und weiterentwickelt. Einen der zentralen Aspekte unserer Masterarbeiten stellt die Frage dar, inwiefern sich dies im Bildprogramm des sog. Yakto-Mosaiks in Antakya, Türkei, nachvollziehen lässt. Dieses monumentale Fußbodenmosaik zeichnet sich durch eine Bordüre aus, die in einzigartiger Weise Alltags- und Architekturdarstellungen verbindet. Es wird nun versucht, durch die Suche nach und den Vergleich mit Parallelbefunden die Bildthemen sowohl inhaltlich als auch konzeptionell zu erschließen. Das Sammeln und Ordnen solcher Vergleichsbeispiele sowohl in benachbarten Gattung (Wandmalerei, Reliefplastik, etc.) als auch innerhalb des breiten Fundus realer materieller Hinterlassenschaften bildet hierbei die Kernaufgabe.

Aufgrund von Veränderungen in der Fachdisziplin sowie neuer theoretischer Überlegungen zur Bedeutung ›materieller Kultur‹ wurde der Ausstellungsraum der Bonner Altamerika-Sammlung 2012/13 einer grundlegenden Neugestaltung unterzogen. Anstelle des konventionellen Museumsparcours wurde ein multifunktionales, modulares System aus flexiblen Ausstellungsmöbeln eingesetzt. Das prominenteste Element und der sicht- und nutzbare Ausdruck der Neukonzeption ist der ›BASA-Baukasten‹, ein Regal, das aus einzelnen, von beiden Seiten aus einzusehenden Elementen besteht und in einem der Schaufenster platziert wurde. Der ›Bau- und Experimentierkasten Universitäts-Museum‹ bildet per se ein Labor, das es sowohl Studierenden als auch Akademiker/-innen erlaubt, neue Forschungsansätze in die Praxis umzusetzen.

Im Forum "hartefakten" wird das Team uni-bonn.tv das Video zur Veranstaltung und ihrem Schwerpunkt "Sammeln, Ordnen, Ausstellen" realisieren. Dabei werden die Ebene des Vortrags, die Objekte und Werkzeuge der Vortragenden, die Ebene der Hörer-Rückmeldungen, schließlich die Ebene von reflektierenden Kurzinterviews sowie später auch die in den Forschungssammlungen selbst entstehenden Bilder der besprochenen Objekte in das Video integriert.
Die Kurzinterviews mit den Wissenschaftlern werden in der Zeit von 11.15 bis 12.00 Uhr während des Dies Academicus auf offener Szene gedreht. Fragen der Zuhörer sind willkommen. Das fertig geschnittene Video wird über den Videokanal der Universität bei you tube veröffentlicht.

Die Botanischen Gärten der Universität Bonn sind ein beliebter und einladender Erholungs- und Lernort im Herzen der Stadt. Doch es steckt mehr dahinter: Die Gärten beherbergen über 18.000 katalogisierte Pflanzen, die sich rund 11.000 verschiedenen Arten zuordnen lassen. Diese Sammlung dient vor allem der Forschung und Lehre an der Universität: von der botanischen Systematik über Physiologie und Biochemie bis hin zu Pharmazie, Bionik, Landwirtschaft und Naturschutz.
Dabei stellen die Botanischen Gärten eine ganz besondere Form wissenschaftlicher Sammlungen dar, denn die Sammlungsobjekte sind lebendig und somit einer stetigen Veränderung unterworfen. Die Pflege und Entwicklung der Sammlung ist daher in gärtnerischer, wissenschaftlicher und logistischer Hinsicht besonders anspruchsvoll. Im Vortrag werden einige aktuelle Beispiele aus der Forschung in Botanischen Gärten beleuchtet und die Herausforderungen im Umgang mit der Sammlung illustriert.

Die Methodik der Typologisierung ist Kernthema einer Dissertation zur „Kulturgeschichte der Hose in Antike und Spätantike“. Neben Woll- und Leinenhosen aus Grab- und Moorfunden finden sich  auch ein halbes Dutzend römischer „Ledertangas“. Anhand Letztgenannter soll exemplarisch die archäologische Arbeitsweise demonstriert werden. Am Anfang steht die Materialsammlung der entsprechenden Objekte durch Recherche von Literatur, Datenbanken und dem Dialog mit Museen, Sammlungen und Grabungen weltweit. Basierend auf dieser Datengrundlage folgt die Typologisierung. Ähnlichkeiten und Unterschiede in Schnittform und Verzierung erlauben die Tangas in Typen zu unterteilen. Hierbei helfen ergänzende ikonographische Studien. Abschließend wird eine relativchronologische Datierung erstellt. Idealerweise wird diese durch die naturwissenschaftliche Methode der C14-Analyse unterstützt. Die Ergebnisse werden in öffentlichen Datenbanken dokumentiert und erlauben eine reproduzierbare statistische Auswertung der archäologischen Daten.

Die biologische Systematik, die sich mit der Ordnung und der Evolution der Vielfalt des Lebens befasst, unterliegt einem relativ streng reglementierten Kodex. Dies betrifft insbesondere die Regeln zu Namensgebung (Nomenklatur), die eine gewisse begriffliche Stabilität garantieren sollen. So ist auch der Begriff der „Art“, der zwar umgangssprachlich zwanglos benutzt wird, mit sehr konkreten (aber nicht immer deckungsgleichen) Konzeptionen verbunden. Die mit der Abgrenzung von Arten verbundene Vergabe eines wissenschaftlichen Namens verlangt außerdem die Festlegung sogenannter „Typus-Exemplare“, d.h. biologischer Präparate, die als physische Belege der Namensvergabe dienen. Der Vortrag erklärt, welche bedeutende Rolle Typus-Exemplare nicht nur in wissenschaftlichen Sammlungen spielen; er behandelt aber auch die manchmal bizarr anmutenden Resultate der Umsetzung nomenklatorischer Konventionen.

PD Dr. Hedwig Pompe (Arbeitsstelle Internationales Kolleg)

Prof Dr. Annette Scheersoi (Fachdidaktik Biologie)

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